Kein Stein bleibt auf dem anderen

Im Gespräch über Personalmanagement

Experte Christoph Wirl (Herausgeber, Magazin TRAiNiNG) im Interview mit Harald Rametsteiner (Leiter Master Lehrgang Digital Marketing) und Monika Kovarova-Simecek (Studiengangsleiterin Master Studiengang Wirtschafts- und Finanzkommunikation):

Wie schätzen Sie die Entwicklung im Berufsfeld Personalmanagement ein? Welchen Einfluss hat die Digitalisierung in der Personalführung?

Personalmanagement hat sich in den letzten 20 Jahren stark verändert. Weg von rein administrativen Aufgaben wie z.B. Lohnverrechnung, hin zu stark menschenorientierten Aufgaben. War es früher eher ein Quereinsteiger-Job von Juristen oder Psychologen, gibt es mittlerweile schon zahlreiche eigene (akademische) Ausbildungen zum Personalmanager. Und das ist auch wichtig, da sich die Aufgaben vervielfacht haben. So braucht ein Personalmanager heute völlig andere Kompetenzen. Das häufig zitierte “Ich mag Menschen” ist eindeutig zu wenig.

Kenntnisse und Erfahrung im Projektmanagement sind heutzutage im HR genauso wichtig, wie eine gewisse IT-Affinität und das Interesse an Neuem. Die demografische Entwicklung und der mitunter daraus resultierende Fachkräftemangel, sowie die Digitalisierung stellt HR derzeit vor eine große Prüfung. Gerade wenn wir uns die aktuelle Digitalisierungswelle ansehen, ist das HR-Management mehr denn je gefragt, sich diesem Thema zuzuwenden. Und zwar in zweifacher Hinsicht: Einerseits um im Unternehmen die Digitalisierung von Abläufen zu unterstützen und andererseits um die HR-Abteilung selbst fit zu machen für die moderne Welt. Dafür braucht es Fähigkeiten in den Bereichen Kommunikation, Kooperation und Innovation!

Die künstliche Intelligenz von IBM “Watson” beispielsweise kann heute schon viele HR-Prozesse automatisieren, wie z.B. das Talentmanagement und viele weitere. Es ist daher die Pflicht von HR-Managern sich mit diesem Thema intensiv auseinanderzusetzen. Zahlreiche Start-ups bieten moderne Lösungen für das Personalmanagement an. Auch hier müssen sich HR-Manager stets informieren, um nicht einen Entwicklungsschritt zu verpassen – und das kann schnell gehen. Ein Punkt, der für Personalführung spürbar wichtiger wird, ist es Sinn zu stiften und Potentiale zu entfalten. Denn bei aller Digitalisierung darf eben der Mensch nicht auf der Strecke bleiben.

Welchen Stellenwert hat die Ausbildung im Bereich Personalmanagement?

Einen sehr sehr großen. Das Feld ist breit geworden und stellt hohe Anforderungen an die agierenden Personen. Fachliche Grundkenntnisse z.B. im Arbeitsrecht, der Lohnverrechnung oder im Recruiting sind unumgänglich. Noch wichtiger sind aber viele Social-Skills. Eine Person im Recruiting, die nicht gut geschult ist, kostet einem Unternehmen sehr viel Geld – viel mehr Geld, als eine gute Ausbildung kosten würde. Auch im Feld der Personalentwicklung ist viel Erfahrung gefordert. Trainer können schnell einmal “gut wirken”. Um hier die wirklich guten von “Blendern” zu unterscheiden braucht man eben Erfahrung und Ausbildung – und den Willen auch einmal etwas zu verändern. Nur weil ein Trainer seit 20 Jahren in einem Unternehmen Seminare abhält, macht ihn das noch nicht zu einem guten Trainer. Es braucht die Fähigkeit bestehende Prozesse regelmäßig zu hinterfragen. Während einer Ausbildung zum Personalmanager sind daher auch Praxiserfahrungen extrem wichtig.

Welche fachlichen und digitalen Anforderungen haben Sie an junge Nachwuchskräfte für den Einstieg in der Branche?

Das hängt ganz stark von der Größe des Unternehmens ab, in dem jemand tätig sein will. Ist es ein kleines Unternehmen, mit vielleicht nur ein oder zwei Personen im HR, sind andere Kenntnisse gefragt als bei großen Unternehmen. Bei großen Unternehmen ist es für eine HR-Manager nicht mehr so wichtig Detailkenntnisse im Arbeitsrecht oder IT zu haben. Hier gilt es vor allem den Überblick zu bewahren und bei wichtigen Fragen eben den Unternehmensjuristen oder die IT-Abteilung zu kontaktieren.

Kenntnisse über Change-Management, Projektmanagement und die Offenheit gegenüber Veränderungen erachte ich derzeit als sehr wichtig. Ein interdisziplinäres denken und handeln über “Unternehmenssilos” hinaus sind erfolgsentscheidend. Es wird sich in den nächsten Jahren durch die Digitalisierung sehr viel verändern und vermutlich kein Stein auf dem anderen bleiben. Hier braucht es das entsprechende Mindset der HR-Manager um nicht nur zu reagieren, sondern auch proaktiv zu agieren.

Welche Karrieremöglichkeiten gibt es im Berufsfeld Personalmanagement?

Hier ist eigentlich nach oben keine Grenze gesetzt. Die Sparte HR gewinnt in Unternehmen an Bedeutung und ist teilweise auf Vorstandsebene angesiedelt. Einige gehen auch nach einer erfolgreichen Karriere bei großen Unternehmen den Weg in die Selbstständigkeit und beraten Unternehmen bei kritischen HR-Prozessen wie zB. Schließung von Werken, Standortwechsel oder Fusionen.

Gibt es für Sie als Experte einen aktuell besonders hilfreichen Tipp für den Erfolg in der Personalführung im Umfeld der digitalen Transformation?

Sind Sie offen für neue Entwicklungen und hinterfragen Sie laufend bestehendes Wissen und Prozesse. Ich kann mich da nur noch einmal wiederholen. Nur weil ein Unternehmen irgendetwas seit 10 oder 20 Jahren macht, ist das noch lange nicht gut, bzw. vielleicht heute nicht mehr gut, obwohl es das einmal war. Gleiches gilt für Sie als Person. Hinterfragen Sie Ihr Wissen über die Welt und über Businessprozesse permanent. Glauben Sie sich selber nicht immer. Was Sie in der Schule, der Uni oder auf der FH gelernt haben, muss nicht mehr wahr sein und könnte längst überholt sein. Es gibt unfassbar rasche Entwicklungen im HR-Bereich. Der Blick über den Tellerrand zahlt sich auch weit über die österreichischen Grenzen hinweg aus. Schauen Sie nach Amerika, Asien oder Afrika, wie die ihre (HR-)Themen lösen. Die sind uns häufig – aber auch nicht immer – voraus.


Über die Unternehmen

Die Fachhochschule St. Pölten legt großes Gewicht auf die Entwicklung der digitalen Kompetenzen der Studierenden. Die Studiengänge Management & Digital Business (Bachelor) und  Wirtschafts- und Finanzkommunikation (Master) bzw. der Master Lehrgang Digital Marketing vermitteln durch praxisnahe Aus- und Weiterbildung wirtschaftliche und digitale Fähigkeiten als Grundlage für Karriere im Management. Mehr zum Thema Wirtschaft studieren auf der FH St. Pölten finden Sie hier.

TRAiNiNG ist ein Magazin für Weiterbildung und HR-Management und erscheint 8-mal im Jahr. Der Fokus des Magazins liegt auf Personalentwicklung, Seminare und Trainings, HR-Management, Arbeitsrecht und Branchen-Trends. Damit richtet sich das Magazin v.a. an Personalentwicklung, HR-Manager sowie HR-Berater.

Fotocredits: Roman Katoch

Share and Enjoy !

0Shares
0 0 0

You may also like...

Comments are closed.