Im Gespräch über Controlling
Expertin Lina Xu-Fenz (Head of Internal Audit, Helvetia Versicherung AG) im Gespräch mit Doris Kantauer (Studiengangsleiterin Bachelor Studiengang Management & Digital Business) und Monika Kovarova-Simecek (Studiengangsleiterin Master Studiengang Wirtschafts- und Finanzkommunikation)
Welchen Einfluss hat die Digitalisierung auf das Controlling und den Finanzbereich in Unternehmen?
Die zunehmende Digitalisierung und Automatisierung werden im Finanzbereich der Unternehmen neue strategische Kompetenzen und Aufgaben entstehen lassen. Wir verfügen somit über qualitativ hochwertige Echtzeitdaten, das ermöglicht präzisere Planungen und genauere Vorhersagen. Heutige Routinetätigkeiten wie das manuelle Sammeln und Aufbereiten von Daten wie zum Beispiel Rechnungen, Budgetdaten oder Abrechnungen werden wesentlich weniger Zeit in Anspruch nehmen. Im Gegenzug wird mehr Zeit in die Interpretation der Daten und die Vorbereitung von nachhaltigen Geschäftsentscheidungen investiert werden.
Wie sieht der Finanzbereich der Zukunft aus?
Der Finanzbereich der Zukunft basiert auf umfassendem, strukturiertem und jederzeit aktuellem Datenmaterial, welches automatisiert und maßgeschneidert für die jeweilige Entscheidungsfindung aufbereitet wird. Alle Unternehmensbereiche – sowohl interne als auch externe Datenquellen – greifen dabei ineinander. Das hat Auswirkung auf die Entscheidungsfindung: Alle Optionen und die Wahrscheinlichkeit der damit verbundenen Auswirkungen werden mittels Predictive und Prescriptive Analytics automatisiert in Form von Handlungsempfehlungen aufbereitet. Jede Entscheidungsoption wird vom System auf Basis der aktuellen Daten und der getroffenen Annahmen nachvollziehbar dargestellt. Der Entscheider kann sich damit auf kritische strategische Fragestellungen konzentrieren. Eine große Herausforderung wird dabei der Schutz dieser unternehmenskritischen Daten sein. Blockchain-basierte Technologien könnten hier beispielsweise zum Schutz vor Datenmanipulation und Betrugsversuchen aber auch zur Verbesserung der Nachvollziehbarkeit eingesetzt werden.
Was braucht es, damit Unternehmen die digitale Transformation erfolgreich bewältigen?
Ich bin der Meinung, dass drei wesentliche Faktoren zum Erfolg der digitalen Transformation eines Unternehmens beitragen. Erstens die Unterstützung durch die oberste Führungsebene. Es braucht eine ausdrückliche, für alle Mitarbeiter spürbare Willenserklärung und eine Bereitstellung der entsprechenden Budgetmittel. Zweitens eine ganzheitliche und unternehmensweite Planung. Alle vorhandenen Prozesse sollten grundlegend hinterfragt und auf dessen Digitalisierungstauglichkeit geprüft werden, denn nicht alle Prozesse können sinnvoll digitalisiert werden. Und drittens, man muss Mitarbeiter individuell abholen. Nicht alle werden sofort von den digitalen Transformationsvorhaben begeistert sein, auch kritische Stimmen sollten Gehör finden und konstruktiv in den Prozess eingebunden werden. Nur wenn digitalisierte Prozesse von den Mitarbeitern gelebt werden, führen Sie auch zu nachhaltigem Erfolg. Das bedeutet auch den Mitarbeitern Zeit bzw. Fortbildung für die Umstellung zur Verfügung zu stellen.
Welchen Stellenwert hat interdisziplinäres Denken in einer digital geprägten Praxis?
In der datengetriebenen Welt, in der wir leben, hat interdisziplinäres Denken einen sehr hohen Stellenwert, um nachhaltige Entscheidungen zu treffen. Silodenken und kurzfristiger Planungshorizont sind bald nicht mehr wettbewerbsfähig. Durch Digitalisierung werden zunehmend Ressourcen für interdisziplinäres Denken und Handeln frei und sollten daher auch dafür genutzt werden. Mitarbeiter müssen bei diesem Paradigmenwechsel unterstützt werden, um bestmögliche Ergebnisse zu erzielen.
Welche Auswirkungen haben diese Veränderungen auf die Organisation des Finanzbereichs in Unternehmen?
Die Digitalisierung wird verstärkt zu einer interdisziplinäreren und agileren Organisation des Finanzbereichs führen. Hierarchien werden durch flexiblere Kommunikationswege abgebaut und reine Funktionsabteilung werden zu umfassenderen unternehmensinternen Dienstleistern. Die Organisation stellt sich kurzfristiger auf sich ändernde Unternehmensbedürfnisse ein.
Welche fachlichen und digitalen Anforderungen sollten junge Nachwuchskräfte für den beruflichen Einstieg mitbringen?
Neben den notwendigen Fachkenntnissen sollten Nachwuchskräfte ernsthaftes Interesse an der von ihnen angestrebten Tätigkeit haben. Die Bereitschaft, über den Tellerrand hinaus zu blicken müssen Führungskräfte mitbringen. Sie sollten grundlegendes Verständnis für die anderen Unternehmensbereiche aufbringen um innerhalb ihres Fachbereichs ganzheitlich denken und handeln zu können. Überdurchschnittliche soziale Kompetenzen und ein solides Netzwerk helfen bei interdisziplinärer Zusammenarbeit. IT Knowhow und Expertise bei der Analyse und Interpretation von Daten gewinnen mit zunehmender Digitalisierung immer mehr an Bedeutung. Idealerweise kann hier nicht nur auf theoretisches Wissen, sondern auf konkrete praktische Erfahrungen verwiesen werden. Wichtig ist es, neugierig und offen für neue Arbeitsweisen und Technologien zu bleiben sowie die Freude am eigenen Beruf zu bewahren. So werden auch die aktuellen und zukünftigen Führungskräfte bei Helvetia ausgewählt und ausgebildet.
Über die Unternehmen
Die Fachhochschule St. Pölten legt großes Gewicht auf die Entwicklung der digitalen Kompetenzen der Studierenden. Die Studiengänge Management & Digital Business (Bachelor) und Wirtschafts- und Finanzkommunikation (Master) bzw. der Master Lehrgang Digital Marketing vermitteln durch praxisnahe Aus- und Weiterbildung wirtschaftliche und digitale Fähigkeiten als Grundlage für Karriere im Management. Mehr zum Thema Wirtschaft studieren auf der FH St. Pölten finden Sie hier.
Helvetia Versicherung AG ist eine international erfolgreiche Schweizer Versicherungsgruppe mit Fokus auf dem Privatkunden und KMU-Geschäft.